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Mein Nachbar fuhr heute grinsend mit einem neuen SLK und dem
Kennzeichen „AB-EM 2008“ vor. Er hat nämlich an den Schrott-Corsa ein
Schild mit der Aufschrift „Österreich nach der Vorrunde“ angeklebt und
damit den Kunstförderpreis des DFB, der mit satten 50.000 Euronen
dotiert ist, gewonnen. Im Gewinn eingeschlossen sind Freikarten für
sämtliche Spiele der nächsten WM inclusive Flug für zwei Personen und
Hotelaufenthalt mit der deutschen Mannschaft. Meinen Heiratsantrag hat
dieser Pachyderme jedoch rundheraus abgelehnt. Ich habe mir heute
Kostenvoranschläge für einen Hausanstrich in schwarogo geholt!
Heute war ja der Tag der Tage. B-Day. Ballack-Tag. Der Bundesjogi hat
die Mannschaft glashart vorbereitet. Absolutes Nutellaverbot. Cricket
und Synchronturmspringen als Vorbereitungstraining. Russisches
Roulette zur Entspannung. Antiaggressionstraining mit Claudia Roth.
Rhetoriktraining mit Dieter Nuhr. Unschuldig-gucken-Training mit
Gregor Gysi. 1000-Meter-Schwimmen während eines islamischen
Frauenbadetages. Autogrammstunde bei den Spielern der deutschen
Handballmannschaft, Trommelmeditation mit dem Arschloch von
Telemedial. Jogi hat kein noch so abstraktes Training, kein noch so
widersinniges Motivationsseminar ausgelassen, um unsere Jungs fit für
das heutige Schlagerspiel gegen das mangels echter Erzrivalen zum
Ersatzrivalen hochstilisierte Österreich zu machen.
Er selbst hat sich einen japanischen Zen-Meister extra aus Düsseldorf
einfliegen lassen, der ihn in die Geheimnisse des Seppuku einweihen
sollte und, ganz in deutscher Tradition, irgendwelche ominöse
Tabletten am hoteleigenen Schäferhund ausprobiert. Nur für alle Fälle…
Die Österreicher hingegen werden auf Aggression trainiert und müssen
Beleidigungen wie „Bankdrücker“ und „Kunstmalerverbieger“ und „Spieler
von Mainz05“ auswendig lernen. Ganz klar, welcher Kurs im Top-Spiel
des Jahrtausends gefahren werden soll! Provokation und eiskaltes,
blitzschnelles Zuschlagen. Ausgerechnet bei Österreichern.
Und dann ist es so weit.
Pünktlich um 20.45 kommt die deutsche Nationalmannschaft, those, who
are fully trained on the point, ernst und gefasst aus den Wiener
Katakomben wie weiland Natasch… lassen wir die Klischees. Bei der
Deutschlandhymne singt interessanterweise das komplette Stadion mit,
gelernt ist eben gelernt und niemand kann aus seiner Haut.
Die Österreicher treten mit einem Torwart, zehn Feldspielern und einem
Schiedsrichter an, die Deutschen haben Mario Gomez im Sturm und
Christoph Metzelder in der Abwehr und damit zwei Feldspieler weniger
als die nötigen zehn, aber niemandem fällt das anfangs auf.
Und tatsächlich bringt Gomez, der anscheinend von den beiden gleich
aussehenden Toren irritiert ist und nicht weiß, vor welchem Kasten er
im Moment steht (und der sich wohl wundert, was Klose heute in der
Verteidigung macht) das Kunststück fertig, mittig vor dem Tor aus
einem Meter Entfernung daneben zu schießen. Auch so etwas will gelernt
sein. Was macht Gomez nochmal beruflich?
Die Österreicher sind über diese schon fast unverschämt verächtliche
Stümperei derart sauer, dass sie beschließen, ihren germanischen
Stammesbrüdern mal kräftig in die Weichteile zu treten, worauf der
spanische Schiedsrichter seinen Blindenausweis zückt und die gelbe
Pappe den Österreichern zeigt. Die interpretieren diesen subtilen
Hinweis auch vollkommen richtig und deswegen knallt ein Österreicher
Podolski mal ganz kurz eine, damit der endlich aufwacht. Zu Recht, zu
Recht. Der Schiedsrichter lächelt und lässt weiterspielen. Bis zur
Halbzeit herrscht auf den Trainerbänken mehr Action als auf dem
Spielfeld, weil sich Jogi und Hickersberger sehr gerne über das
Verhalten in der Coaching-Zone austauschen möchten, was dazu führt,
dass sich beide wie unartige Jungs zu ihren jeweiligen Regierungschefs
setzen und brav sein
müssen. „Scheischsche“, wie der Bundesjogi später zu dem kichernden
Schweinsteiger auf der Tribüne sagen wird, was deren beiderseitiges
Verhältnis in Zukunft etwas belasten dürfte.
In der Halbtscheit, pardon, Halbzeit, erklärt Yogi vom Tribünendach
seinen Schützlingen, dass der auf das öde Gekicke, das er als „wir
werra bisch zur Leischtungschgrensche un darüber hinausch
gehe“-Cheftrompeter angekündigt hat, „keine Luscht“ mehr hat und
jetscht auf ein Bier mit der Bundeschkantschlerin geht.
In der 49sten Minute endlich legt Ivanschitz, das alte Schlitzohr,
Klose um, was aber bis auf den Schiedsrichter niemand bemerkt, und es
gibt einen Freustoss für unsere Jungs. Ballack, tritt an und haut den
Ball „mit 130 Sachen“, wie die Chronisten später feinsinnig nachmessen
werden, weil sie ja sonst auch nichts zu tun haben während dieses ach
so wichtigen Grottenkicks, in das Tor der entsetzten Österreicher, die
ja eigentlich um diese Zeit ihren 2:0 Rückstand schon aufgeholt haben
wollten, sofern Gomez es geschafft hätte, wenigstens ein einziges Mal
einen Ball unter Kontrolle gebracht zu haben. Tricky, die runden
Dinger mit den lustigen Farben.
Auf jeden Fall steht es 1:0 für Schland und die restliche halbe Stunde
füllt sich zu mindestens der gefühlten Hälfte mit dem Bild des
backenaufblasenden Ballacks in Zeitlupe, wie er den Ball „mit 130
Sachen“ in Richtung Ösi-Tor donnert, weil: auf dem Feld isses
langweilig. Und Michael erinnert mich dabei an so Kinderzeichnungen
vom Wind, wie der die Wolken wegbläst oder Drachen antreibt. Irgendwie
gruselig, dieser Ballack.
Die Österreicher sehen das auch so und spielen danach endlich fair,
weil sie Ballack nicht noch einmal einen Freistoß schießen sehen
wollen. Auf der deutschen Trainerbank hat man in der 60sten Minute
endlich ein Einsehen und holt den auf dem Platz hilf- und
orientierungslos herumirrenden „Gometsch“ endlich vom Feld, der darauf
ein freudiges Wiedersehen mit der Ersatzbank feiert.
Bis zum Ende der Partie mühen sich die Österreicher redlich und der
engagierte Podolski macht dem Fehljoker Neuville Platz, dessen
Ballkontakte während der letzten beiden Turniere auf eine Briefmarke
passen. Der Schiri des internationalen Blindenbundes schenkt den
Österreichern noch drei Minuten Extrazeit, aber es heißt ja „Tu, felix
Austria, nube“, weswegen die Österreicher zwar prima im Heiraten, aber
miserabel im Kämpfen sind.
Alle Beteiligten, nicht zuletzt alle Zuschauer, sind froh, als in der
93sten Minute endlich abgepfiffen wird, die Deutschen sind in der
nächsten Runde, die Österreicher gehen traditionsgemäß enttäuscht in
den Keller und aus dieser EM.
Und so, wie sie im Moment spielt, wird ihr die deutsche Mannschaft am
Donnerstag auf diesem Wege folgen. Motivation hin, Yogi-Bär her! Der
EM-Planer des Tattoostudios „Lochfrass“ erhält ein lustloses 1:0 und
ab dafür.
Das zweite Spiel des Abends, Polen gegen Kroatien, ging 1:0 für die
Kroaten aus, aber das hat hier sowieso keinen interessiert. Ich hab
nicht einmal das Ergebnis in den „EM-Palner der
Legastniker-Slebsthiflegrupe“ eingetragen. Wozu auch?
Aus England verlautet übrigens, dass an Marco Gomez großes Interesse
besteht. Sie suchen bei Chelsea jemanden, der den Stadionrasen mäht.