Protestaktion
Contergan-Opfer im Hungerstreik
Von Laura Becker, 18.09.08, 18:08h, aktualisiert 18.09.08, 19:11h
Contergan-Opfer sind in Bergisch Gladbach in einen Hungerstreik getreten, um höhere Entschädigungszahlungen von dem Pharmakonzern Grünenthal zu erzwingen. An der Aktion in einer evangelischen Kirche beteiligen sich drei Contergan-Geschädigte sowie die Mutter eines Contergan-Opfers.
Contergan-Opfer sind in Bergisch Gladbach in einen Hungerstreik getreten. (Bild: dpa)
Contergan-Opfer sind in Bergisch Gladbach in einen Hungerstreik getreten. (Bild: dpa)Bergisch Gladbach - „Es ist unsere letzte Chance“, sagen die Initiatoren. Seit gestern befinden sich drei Contergan-Geschädigte, Gihan Higasi, Norbert Schweyen und Stephan Nuding, sowie die Mutter eines Opfers, Helga Nuding, im Hungerstreik „bis alle Forderungen ohne Kompromisse erfüllt sind“. Da die Firma Grünenthal, die das Medikament Contergan mit dem Wirkstoff Thalidomid entwickelt, hergestellt und vertrieben hatte, jegliche Kommunikation mit den Opfern ablehne, habe man sich entschlossen, diesen Weg zu wählen.
Zusätzlich zu der Verdreifachung der monatlichen Entschädigungszahlungen von 1090 Euro auf 3270 Euro maximal fordern die Streikenden und ihr Sprecher Bernhard Quiel von Grünenthal und der Bundesregierung: Alle überlebenden Contergan-Geschädigten sollen durchschnittlich eine Million Euro Schmerzensgeld erhalten; die monatlich gezahlten Gelder sollen entsprechend den jährlichen Preissteigerungsraten in Deutschland angehoben werden. Ferner sollen die Ausschlussfrist für die nach 1980 eingereichten Neuanträge auf Anerkennung des Contergan-Schadens durch die Contergan-Stiftung aufgehoben werden und die Entschädigung nicht auf die Bemessung der Einkommenssteuer und Sozialleistungen angerechnet werden.
Unterstützung finden die Hungerstreikenden bei Pfarrer Christoph Nötzel und der evangelischen Kirchengemeinde Altenberg / Schildgen. Im Gemeindezentrum in Bergisch Gladbach-Schildgen wollen sich die Kölner Gihan Higasi und Norbert Schweyen sowie die Bergisch Gladbacher Stephan und Helga Nuding während des Hungerstreiks aufhalten. „Schlimm, wenn es heißen muss: Arm ab und arm dran.“ Mit diesem Aufruf bittet Christoph Nötzel im Namen der Contergan-Geschädigten um Solidarität mit den Opfern.
Bernhard Quiel, selbst infolge von Contergan ohne Arme geboren, untermauert die Forderungen: „Wir wollen einfach nur Gerechtigkeit.“ Schließlich könne man nichts dafür, mit dieser Behinderung zur Welt gekommen zu sein. Das Schlimmste für die heute erwachsenen Contergankinder sei es, nicht zu wissen, ob die Pflege gesichert sei. Von den rund 2700 Opfern in der Bundesrepublik seien nur etwa 400 arbeitsfähig, die anderen bezögen meist Hartz IV. Den Hungerstreikenden gehe es nicht darum, Grünenthal zu vernichten, sondern nur um eine „unserem Leid und den Schmerzen entsprechende Entschädigung“.
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