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Thema: Lebens(un)wert (http://conterganinfo.de/forum/topic.php?id=325)


Geschrieben von: SingleRose am: 11.01.07, 13:17:04
Mir fällt auf, dass es bei den meisten Statements um das Lebensende geht. Der auslösende Beitrag (von Highnoon eingestellt) bezieht sich jedoch im Wesentlichen auf den Lebensanfang und um eine Philosophie die lebens(un)wertes Leben definieren will.

Und Schippchen, Deine Antwort auf einen sehr allgemein gehaltenen Beitrag war von Dir auf sehr persönliche Weise gegeben worden. Sowohl, dass Du Deinen für Dich persönlichen erarbeiteten Standpunkt in Bezug auf aktive Sterbehilfe deutlich gemacht hast als auch, dass Du nicht sehr sparsam warst, Andersdenkende „klein“ zu machen.

Du schreibst über selbstgerechte Lebensschützer, selbsternannte Ethiker, religiöse Fanatiker und von Verwandten, die über Dein Leben und Sterben bestimmen könnten, damit sie sich selbst überhöhen und heilig sprechen können.

Welche Antwort erwartest Du dann von einem solchen Andersdenkenden? Eine sachlichere als die Deine?

Ich würde sehr gerne über das Thema weiter diskutieren und auch streiten wollen. Bitte aber auf sachlicher und nicht auf persönlicher Ebene.

Single Rose @-->---


Geschrieben von: Schippche am: 11.01.07, 15:11:43
Hallo SingleRose,
du selbst hast ja zur Sprache gebracht, dass in der Gesellschaft über den Freitod diskutiert wird. Und HS hat einen Link hineingesetzt. Darauf habe ich mich bezogen und meine Meinung kundgetan, zumal es auch in letzter Zeit in Italien einen spektakulären Fall zu dem Thema gegeben hat, an den ich gedacht habe. Mir ist nur zu gut bewußt, dass mir im Zweifelsfall aus ethischen Gründen genauso der letzte Wille verweigert würde, von Leuten, die gar nicht anders handeln können, weil es ihrer Denkweise zutiefst widerspricht, oder weil es die Gesetzeslage nicht anders zuläßt. Selbst eine Patientenverfügung würde mir wohl nichts nützen und einfach nicht respektiert werden. Wer hält also wen "klein", frage ich mal. Was ist denn mit dem induviduellen Selbstbestimmungsrecht? Sollen denn nur Leute wie Herr Masmeier oder Herr Singer definieren dürfen, was richtig ist und was falsch und welche Konsequenzen für den Einzelnen daraus gezogen werden? Denn wenn bestimmte Grundsätze für den Lebensanfang gelten sollen, dann dürfen doch auch das "Leben dazwischen" und das Lebensende nicht außer Acht gelassen werden.

Angela


Geschrieben von: HeadSwitch am: 11.01.07, 15:40:31
Zitat von SingleRose:

Im Sinne von Ethik.

Welche vertrittst Du/Ihr?
Jene, die das eigene Leben in "unseren" Fällen erlaubt in Frage zustellen oder jene, die auch ein "anderes" Leben ermöglicht.


Ich vertrete meine "eigene" Ethik ausschließlich mir und meinem Leben gegenüber. Sie ist keinenfalls geeignet öffentlich zur Diskussion zu stehen, da sie ausschließlich meine Privatsache ist und nicht von Bedeutung bzw. als Maß(negativ/positiv) für andere sein soll. Diesen Part überlasse ich gerne diesen selbst-/ernannten streitbaren Philosophen.

Nur eines allgemein zur Ethik:
Die Frage, der sich die Ethik doch allgemein stellen muss, ist folgende: Ist die Frage nach dem "richtigen" Handeln überhaupt sinnvoll und lassen sich moralische Sätze/Aussagen (immer) begründen?

Das soll es von mir zu diesem Thema gewesen sein.

@highnoon:
Wie vertrittst du denn ethisch das Verhütungsverbot der katholischen Kirche? Die vielen Aids-Toten und Abtreibungen sind für dich ethisch ok?


Gruß
HeadSwitch


Geschrieben von: SingleRose am: 11.01.07, 18:31:46
Zitat von Schippche:
Sollen denn nur Leute wie Herr Masmeier oder Herr Singer definieren dürfen, was richtig ist und was falsch und welche Konsequenzen für den Einzelnen daraus gezogen werden?


Eben genau DAS sollte NICHT sein!
Aus diesem Grund finde ich persönlich eine Diskussion über dieses Thema ja so wichtig.

Single Rose @-->---


Geschrieben von: highnoon am: 11.01.07, 21:18:16
Zitat von HeadSwitch:

@highnoon:
Wie vertrittst du denn ethisch das Verhütungsverbot der katholischen Kirche? Die vielen Aids-Toten und Abtreibungen sind für dich ethisch ok?

muss ich DIESEN Zusammenhang jetzt verstehen?


Geschrieben von: HeadSwitch am: 12.01.07, 09:50:51
Nein, MUSST du nicht,
könntest du aber...

Wie stehst du nun ethisch zum Verhütungsverbot der katholischen Kirche? Zu den daraus resultierenden Aids-Toten und Abtreibungen? ( Abtreibungen, darum ging es doch auch in deinem Thema, oder? )

Wenn du weiterhin keinen Zusammenhang siehst, dann sollten wir eventuell einen neuen Thread eröffnen in dem du mir dann sicherlich antwortest weil es dann auch für dich zum Thema gehören muss. ;-)

Gruß
HeadSwitch


Geschrieben von: Maren am: 12.01.07, 18:59:47
Hallo zusammen!
Es ist für mich zum einen eine philosophische Diskussion, aber zum anderen auch eine ganz pragmatische:
Viele Menschen leben -noch-, weil es medizinisch möglich ist..... mit Würde und Selbstbestimmung hat das nichts zu tun. Ich sehe täglich Schüler, die schwerstbehindert ihr Frühchen-Stadium überlebt haben, WEIL es halt medizinisch machbar war. Die Kinder wurden dann nach Hause zu ihren Eltern entlassen und diese standen und stehen vor zunehmendem Frust und Problemen, bei denen ihnen dann KEINER der Ärzte oder Sozialdienste tatsächlich hilfreich beisteht.
Viele dieser Kinder sind zu Hause angenommen und geliebt haben sichtbaren Spaß an ihrem Leben.
Es gibt aber auch die Grenzfälle, in denen genauso sichtbar wird, wie ALLES Lebensnotwendige und JEDE pflegerische Handlung Qual bedeutet. Hier bin ich schon ins Grübeln gekommen, ob die medizinischen Maßnahmen am Anfang des Lebens diesem Individuum tatsächlich "ins Leben" geholfen haben.....
Allerdings kann man nie voraussagen, wer sich denn unter welchen Umständen wie entwickeln wird.
Auch hatten wir in früheren Jahren und Jahrzehnten in jedem Jahrgang Schüler mit Spina bifida = angeborene Querschnittslähmung = offener Rücken. Die Kinder konnten von einer Gehbehinderung mit eventueller Blasen-Darmschwäche betroffen sein und intellktuell einen guten Schulabschluss machen ODER schwer körperlich und geistig ("Wasserkopf") behindert sein. Diese Behinderungsform, früher "klassisch" taucht heute kaum noch auf:
Den Eltern wird nach einem Test während der ersten Schwangerschaftsmonate dazu geraten, das Kind doch abtreiben zu lassen. Wie bei den Frühchen weiß man natürlich nicht, wie gravierend so eine Schädigung ausfällt, man weiß aber, dass es vielfältige Förderungsmöglichkeiten gibt.......

Ich für mich möchte nie "ausgeliefert" sein und das wäre ich am Lebensende, wenn ich nur noch an Maschinen hängen würde. Menschenwürde und Selbstbestimmung ist für mich exsistenziell wichtig. Das Leben sollte für mich so beginnen und enden.

Schöne Grüße aus DO,
Maren


Geschrieben von: HeadSwitch am: 14.01.07, 16:24:08
Hi Angela,

man muss auch gönnen können ;-)
smart z.B. ein besonders langes Leben .. er würde sicherlich ein über jahrzehntes Dahinvegetieren dank der modernen Gerätemedizin, sabbern,
in die Windeln machen, künstliche Ernährung, auch höllenische Schmerzen und eine eventuelle Demenz gerne ertragen... für ihn ja alles lebenswert …. Für Ihn gäbe es keinen Grund den Freitod zu wählen.
Und ich gönne es ihm wirklich!..wenn er es doch so sehr mag.
Ich hingegen werde zu dieser Zeit sicherlich schmerzfrei und würdevoll mein Erdmöbel bebeinen. geschockt

Ich denke, Angela, mehr ist hier nicht mehr zu sagen.
Jedem das Seine ;-)
Ich hoffe smart lässt dir/mir auch das Deine/Meine.
( maren darf ja auch Ihres behalten.. zumindest hat er da mal nicht interveniert. ;-) )


Gruß
HeadSwitch


Geschrieben von: Schippche am: 14.01.07, 17:55:49
Zitat von HeadSwitch:
( maren darf ja auch Ihres behalten.. zumindest hat er da mal nicht interveniert. ;-) )

Stimmt! Hat mich nicht gewundert, Headswitch. lachen
Ebenso wenig, dass dir Highnoon nicht geantwortet hat. Deine Fragen waren ihm wohl peinlich.

Angela


Geschrieben von: Schippche am: 15.01.07, 08:56:53
Sorry, aber ihr beide habt aneinander vorbei geredet.
Headswitch (und ich) hat sich auf die trostlose Situation vieler Langzeit-Pflegebedürftiger in normalen Heimen bezogen, für die sie sich bestimmt nicht freiwillig entschieden haben. Ein Sterbehospiz ist doch aber ein Ort, für den sich Schwerstkranke, die nicht mehr lange zu leben haben und ihre Angehörigen entschieden haben, wo ihnen für die verbleibende Zeit die bestmögliche Pflege und Zuwendung zuteil wird.
Mein Fazit ist, daß das alles letztendlich eine Frage der Weltanschauung ist. Außerdem müssen dringend gesetzliche Regeln her, die für alle verbindlich sind. Bis dahin möge doch jeder selbst entscheiden, was für ihn der richtige Weg ist.

Versöhnliche Grüsse, Angela