14 Tote bei Brand in Behindertenwerkstatt

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27.11.12, 19:46:31

wilde61waltraud

Hallo zusammen.


Ein Zitat aus einem aktuellen Beitrag der "FAZ"


http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/ungluecke/feuer-in-behindertenwerkstatt-eine-schwarzwaldstadt-steht-unter-schock-11973889.html


"Eine Schwarzwaldstadt steht unter Schock

...Am Dienstagmorgen sind alle 14 Brandopfer identifiziert. Zehn behinderte Frauen im Alter von 28 bis 68 Jahren sind umgekommen, drei Männer im Alter von 45 bis 68 Jahren und eine 50 Jahre alte Betreuerin der Caritas. Als das Feuer ausbrach, waren 111 Menschen in den Werkstätten. 97 Personen konnten die Feuerwehrleute retten. Von ihnen benötigten nur elf die direkte Hilfe der Feuerwehr, was dafür spricht, dass die Mitarbeiter die Rettungswege schnell finden konnten. Auch die Rollstuhlfahrer konnten über spezielle Rampen schnell ins Freie gelangen. Nicht die Flammen führten bei den 14 Menschen zum Tod, sondern offenbar die giftigen Brandgase und möglicherweise die Explosion einer Propangasflasche. Denn die Ermittler fanden am Dienstagnachmittag einen Gasofen, der Explosion und Brand verursacht haben soll. Nur in der Werkstatt im zweiten Stock, in der aus unerfindlichen Gründen die mobile Gasheizung stand, gab es Tote. Fast alle Opfer hatten noch an ihrem Arbeitsplatz gesessen oder einen ersten Anlauf zur Flucht unternommen und sich nur wenige Meter von ihrer Werkbank entfernt. Die Behinderten und ihre Betreuerin mussten sterben, weil sich das Feuer rasend schnell ausbreitete und sich dichter Rauch entwickelte.

Der Gasofen gehörte nicht in die Werkstatt

Weder die Caritas noch die Staatsanwaltschaft können sagen, wie der Gasofen in die Werkstatt kam. „Ein solcher Gasofen gehörte nicht in den Betriebsablauf, dem zuständigen Werkstattleiter hätte das auffallen müssen“, sagt ein Mitarbeiter der Caritas. Für die Werkstatt werde in jedem Jahr eine Gefährdungsanalyse gemacht, einmal im Jahr gibt es mit den Behörden eine Begehung, von einem Gasofen sei in diesem Zusammenhang nie die Rede gewesen. In den Räumen, so der Caritas-Mitarbeiter, habe es eine funktionierende Heizung gegeben, und für die handwerklichen Arbeiten sei auch kein offenes Feuer erforderlich gewesen. „Vielleicht sollte der Gasofen auf dem Weihnachtsmarkt eingesetzt werden. Wir wissen nicht, wie der da hin gekommen ist.“ Oberstaatsanwalt Peter Häberle hat ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Brandstiftung eingeleitet. „Die Ursache des Brandes ist in dem Gasofen zu sehen. Es kam zu einem unkontrollierten Gasaustritt. Wie das genau geschah, wissen wir nicht.“ Anhaltspunkte für eine „vorsätzliche Tatbegehung“ gebe es nicht. Ob die Aufsichtspersonen, weil sie den Gasofen duldeten, gegen Verordnungen oder Brandschutzgesetze verstießen, werde man nun prüfen. Warum die Rauchentwicklung so stark war, warum sich das Feuer trotz funktionierender Entrauchungsanlagen so schnell ausbreiten konnte, ist für die Ermittler noch rätselhaft. Das ausströmende Propangas könnte das Inferno verursacht haben.

Auf den Einbau einer Sprinkleranlage in dem Haus hatte man verzichtet. Sie ist für Behindertenwerkstätten gesetzlich auch nicht vorgeschrieben. Brandschutzfachleute sind aber der Auffassung, dass die teuren Sprinkleranlagen die Ausbreitung eines Brandes und damit auch die Rauchentwicklung am effektivsten eindämmen können. „Mit großer Sicherheit“, sagt Florian Scharrer von der auf die Zertifizierung von Brandschutzanlagen spezialisierten Kölner Firma VDS, „hätte es weniger Rauchtote gegeben, wenn dort im Schwarzwald eine Sprinkleranlage vorhanden gewesen wäre.“ So schnell, wie diese Anlagen anspringen, kann keine Feuerwehr am Brandort sein. Im Schwarzwald war die Feuerwehrmänner unglaublich schnell, dennoch kamen sie zu spät. Rechnet man Feuerwehr, Polizei, Ärzte und Mitarbeiter des DRK zusammen, dann waren an der Rettung und Brandbekämpfung am Montag 400 Menschen beteiligt. Die Polizei hat eine Sonderkommission mit 60 Beamten zusammen gestellt. Sie soll ihre Arbeit fortsetzen, bis genau recherchiert ist, wie der Gasofen in die Werkstatt kam und warum das Gas austrat..."



Grüße von der "Wilden Waltraud"

27.11.12, 22:17:22

CONTERGANichtzu

Zitat von Maren:
Man wird kaum Rollstuhlfahrer oder schwerer Gehbehinderte in den oberen Stockwerken beschäftogt haben, wenn es keine Aufzüge dorthin gegeben hat.
Zunächst gebe ich dir recht. Es geht aber nicht um den Normalbetrieb. Vielmehr geht es um Ausnahmesituationen wie beispielsweise einem Brand. Da sind Fluchtwege erforderlich um die Menschen schnellstmöglich aus dem Gebäude zu schaffen. In den Filmbeiträgen konnte man diese auch sehr gut erkennen, aber zu sehen waren jeweils nur Flucht- bzw. Feuertreppen. Genau darin sehe ich das große Übel, denn was soll ein Rollifahrer mit einer Treppe?

Das nachfolgende Bild spricht für sich:


Gruß Markus
27.11.12, 22:27:06

Maren

Hallo Conterganichstzu!

Deshalb können, nein müssen wir mit Aufzügen evakuieren...... Denn ich möchte wirklich nicht live erleben, wie man auch nur einen Menschen mit weit fortgeschrittener Muskeldystrophie tragend - mit vier bis fünf Leuten- über die Treppe rettet. Bis nämlich genug Liegetragen oben sind, mag es schon lange zu spät sein.

@ Carbella: Es mag bei Euch in der Klinik anders sein, aber je nachdem, wie die Rettungskonzepte sind, gibt es auch andere Regeln.

Schönen Gruß
Maren

P.S.: Ich vermute mittlerweile, dass die Wege zu den Aufzügen versperrt waren. Wir hatten nach dem Brand damals auch über Altenativen zur Aufzugrettung nachgedacht - aber auch die Feuerwehr hat angesichts von zwei Gebäudeteilen und vier Aufzügen auch keine besser Idee gehabt.
27.11.12, 23:13:37

CONTERGANichtzu

Zitat von Maren:
. . . über die Treppe rettet. Bis nämlich genug Liegetragen oben sind, mag es schon lange zu spät sein . . .
Genau, deshalb außen anliegende Rettungsrampen. Dieses Konzept ist in der Evangelische Stiftung Volmarstein mit Werkstatt für behinderte Menschen vor Jahren umgesetzt. Auch dieses Gebäude verfügt über drei Ebenen.

Gruß Markus
27.11.12, 23:38:06

Zavi

geändert von: Zavi - 28.11.12, 17:39:53

Zitat von Maren:
Aber die Toten waren sofort tot und hatten keine Chance.




Bei aller Tragik und Dramatik des geschehenen, aber den Satz von Maren muß man sich mal durch den Kopf gehen lassen ...

Ob da jemand gelitten hat(oder eine Chance hatte) kann doch niemand sagen, es ist äußerst schwierig Tote zu befragen ...

Sprinkleranlagen sind wohl auch nicht der Stein der Weisen, giftige Rauchentwicklung http://heutejournalplus.zdf.de/
Ich denke man sollte abwarten und nicht spekulieren.


28.11.12, 00:37:13

Mueck

Normale Aufzüge sind sicher nicht evakuierungsgeeignet.
Wie man im Brandfalle aus dem Heim mit 3 OGs rauskäme, in dem derzeit meine Mutter lebt ... *schulterzuck* Über den 0815-Aufzug dort sicher nicht ... Der ist im übrigen ähnlich dement wie manche Bewohner und vergisst, dass gedrückt wurde ...

Man kann aber auch mit gewissem Aufwand einen Aufzug elektrisch und luftmäßig so vom Rest des Gebäudes abgrenzen, dass es ein im Brandfalle benutzbarer Rettungsweg wird.
28.11.12, 07:40:23

wilde61waltraud

geändert von: wilde61waltraud - 28.11.12, 07:46:43

Hallo zusammen.


Ein aktueller Artikel im "Focus" von heute.



http://www.focus.de/panorama/welt/feuer-in-behindertenwerkstatt-tote-betreuerin-wollte-schuetzlinge-aus-flammen-retten_aid_869965.html



"Tote Betreuerin wollte Schützlinge aus Flammen retten

Ihren selbstlosen Einsatz bezahlte sie mit ihrem Leben: Die Betreuerin, die bei der Brandkatastrophe von Titisee-Neustadt starb, hatte sich schon aus dem Flammeninferno gerettet. Doch dann rannte sie ins brennende Haus zurück, um ihre Schützlinge zu retten.
Betreuerin Renate G. hatte sich schon aus der in Flammen stehenden Behindertenwerkstatt gerettet, als sie die Schreie von eingeschlossenen Behinderten hörte, wie die „Bild“-Zeitung am Mittwoch berichtet. Daraufhin rannte sie ins Haus zurück. Ihren selbstlosen Einsatz bezahlte die 50 Jahre alte Sozialarbeiterin mit dem Leben. Ihre Leiche wurde später im Erdgeschoss gefunden.

Behinderte waren für sie „wie eigene Kinder“
17 Jahre lang hatte die gelernte Schneiderin in der Behindertenwerkstatt der Caritas in Titisee-Neustadt gearbeitet, in der am Montag der verheerende Brand ausgebrochen war. Eine Nachbarin erzählte der „Bild“: „Sie hatte ja keine eigenen Kinder, lebte allein. Die Behinderten waren für sie wie eigene Kinder.“ In dem Feuer kamen neben der Betreuerin zehn behinderte Frauen im Alter von 28 bis 68 Jahren und drei behinderte Männer im Alter von 45 bis 68 Jahren ums Leben. Auch ein Schützling der couragierten Betreuerin war unter den Opfern: Marianne G. wurde nur 60 Jahre alt. Der vier Jahre ältere Bruder der Toten sagte: „Renate war ihre Bezugsperson. Nur sie konnte ihr etwas sagen.“

Ökumenischer Gottesdienst für die Opfer
Inzwischen gibt es Hinweise auf die Brandursache. Aus noch unbekannten Gründen trat aus einem mobilen Heizofen unkontrolliert Gas aus und entzündete sich.

Für die Hinterbliebenenen und überlebenden Opfer der Tragödie ist inzwischen ein Spendenkonto eingerichtet worden. Am Samstag soll in einem ökumenischen Gottesdienst in Titisee-Neustadt der Opfer gedacht werden. Daran teilnehmen werden der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch sowie der badische evangelische Landesbischof Ulrich Fischer."


Grüße von der "Wilden Waltraud"



28.11.12, 11:50:11

Zimmi

Auch andere Behindertengruppen, in diesem Fall, Aids und Behinderten Selbsthilfe, gedenkt an die Toten.

In Gedenken an die Toten - und ein paar Gedanken
28.11.12, 13:25:54

Maren

Zitat von Mueck:
Normale Aufzüge sind sicher nicht evakuierungsgeeignet.
Wie man im Brandfalle aus dem Heim mit 3 OGs rauskäme, in dem derzeit meine Mutter lebt ... *schulterzuck* Über den 0815-Aufzug dort sicher nicht ... Der ist im übrigen ähnlich dement wie manche Bewohner und vergisst, dass gedrückt wurde ...

Man kann aber auch mit gewissem Aufwand einen Aufzug elektrisch und luftmäßig so vom Rest des Gebäudes abgrenzen, dass es ein im Brandfalle benutzbarer Rettungsweg wird.

Völlig richtig, Mueck!
Wie ich schon schrieb: Die Zone vor den Aufzügen muss per Brand- und Rauchschutztüren abzuriegeln sein. Diese Schutztüren fallen im Alarmfall von alleine zu und dürfen niemals verkeilt sein.
Anschließend ist dann der Raum vor den Aufzügen ein Schutzraum, die Aufzugsschächte fungieren nicht als Rauchkamine. Soweit ich weiß, ist bei uns der Betrieb der Aufzüge autark vom Rest der elektrischen Versorgung.

Schöne Grüße
Maren
28.11.12, 14:05:46

Carbella

Es haben 14 Menschen den Tod gefunden, verursacht durch unbedachtes Handeln, Nicht-Wissen..

Die Opfer sind wohl allesamt "Fußgänger" gewesen, dies hat wohl das Unglück nochmals verschärft.

Bei solchen Unglücken merke ich ,wie gering meine Probleme sind, mit den ich mich täglich herumschlage.

LG
Carbella





 
 
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